⭐️ Frohe Weihnachten Luise
⭐️ Frohe Weihnachten Luise ⭐️
Heiligabend.
Es schneit .
Luise, die bis jetzt am Fenster gestanden, hat reibt sich ihre kalt geworden Hände, schnell schließt sie das Fenster und zieht die schweren, samtenen Vorhänge zu.
Zieht hastig ihre Stola etwas fester um ihre schmalen Schultern und schlurft langsam und bedächtig in das gemütlich eingerichtete kleine Wohnzimmer.
Dort steht der kleine selbstgemachte Adventskranz.
Ein kleiner Teller mit vier winzig kleinen Kerzen drauf und aus dem Wald gegenüber hatte sie sich in der klirrenden Kälte Tannengrün zusammengesucht.
Weihnachtszeit.
Alles ist dann so festlich und friedlich, die Menschen sind irgendwie viel freundlicher als sonst, denkt Luise.
Die Menschen lächeln sich zu, hier und da wird ein kleines Pläuschchen gehalten und überhaupt nehmen sich die Menschen viel mehr Zeit als sonst.
Früher war an den Adventssonntagen immer Familienzeit und das große Familienessen angesagt.
Ihre Kinder waren gekommen, egal ob sie in anderen Städten studiert hatten oder längst ausgezogen waren.
Drei prachtvolle, erfolgreiche Kinder hatte sie geboren und großgezogen .
Alle sind längst verheiratet und sie es auf sieben Enkelkinder gebracht, die ihr ganzer Stolz sind.
Sie liebt ihre Enkel von Herzen ,auch wenn sie so kaum zu sehen bekommt.
Meist waren alle immer viel zu beschäftigt und mit ihren eigenen Dingen beschäftigt.
Mit so neumodischen Kram wie WhatsApp oder Skype kennt sie sich nicht aus, sie hat weder einen Computer noch ein neues Handy.
Zu ihrer Zeit schrieb man noch Briefe .
Wann hatte sie eigentlich den letzten Brief bekommen,sie kann sich nicht daran erinnern .
Immer wenn sie zum Briefkasten geht , sind dort nur Werbung und Rechnungen im alten, verrosteten Briefkasten, der noch immer vor dem Haus steht, so wie seit vielen, vielen Jahren.
Vergeblich sucht sie einen Brief ihrer Kinder oder oder gar von ihren Enkelkindern .
Nein , die melden sich nur wenn sie Zeugnisse bekommen haben und es dann Geld gibt.
So wie es eigentlich immer ist.
Wenn es in den in Urlaub gehen soll, dann melden sich die Kinder .
Klar , die Urlaubskasse muss ja aufgebessert werden.
Dann erinnern sie sich an ihre Mutter .
Den Rest des Jahres erinnern sie sich merkwürdigerweise nicht an ihre Mutter , nicht mal an Weihnachten oder an den Adventstagen.
Das Telefon klingelt nur, damit die Weihnachtswünsche der Kinder durchgegeben werden können.
Traurig.
Aber dieses Jahr, ja ...dieses Jahr hat ihre Tochter ihr ganz fest versprochen, feiern sie endlich wieder zusammen.
Darauf freut sie sich schon sehr.
Zu ihrem Geburtstag hat sie von ihrem Technik begeisterten Sohn so ein neumodisches Ding bekommen.
-Hildegard- heißt dieses Wunderteil.
Knut, ihr Sohn hatte gemeint, dass diese Hildegard ihr das Leben erleichtern könnte.
"Du musst ihr einfach etwas sagen , Mutter und schon macht sie es.
Du willst Licht im Zimmer ?
Sag einfach , Hildegard mach Licht.
Du möchtest mich anrufen, dann sag ihr... Hildegard, Ruf Knut an."
Luise braucht so etwas nicht.
Wenn sie Licht möchte, geht sie zum Lichtschalter.
Ganz einfach, so wie immer.
Seit dem Nikolaustag hatte sie geplant und überlegt,ihre Pläne wieder verworfen und in ihren alten Kochbüchern gestöbert.
Sie hat immer wieder kleine Geschenke gekauft und ihren Kühlschrank mit allerlei Köstlichkeiten gefüllt.
Als es dunkler wird, fängt sie an den Tisch zu decken.
Legt die feine Tischdecke auf den Tisch, streicht sie glatt und deckt das gute Geschirr und natürlich das polierte Besteck auf.
Für jeden eine tolle neue Servierte und ein kleines Geschenk.
Viele Kerzen, Nikoläuse und Engel stellt sie auch noch dazu.
Ja, das sieht richtig festlich aus.
Dann stellt sie das Essen, welches sie für diesen Anlass gekocht hat auf den Tisch.
Und was sie nicht alles gekocht hat:
Truthahn, knusprig und dampfend.
Kartoffelsalat , so wie sie ihn früher zubereitet hat.
Rotkohl, Salate, Knödel.... allerlei der leckersten Versuchungen.
All das , was man früher in ihrer Heimat aufgetischt hat.
Einen Weihnachtskuchen und den Pudding , den ihre Kinder so lieben.
Pauline , ihre Enkelin hatte ihn immer Weihnachtspudding genannt ...weil dort Mandeln ,Nüsse und Äpfel drin waren.
Luise wartet, denn ihre Tochter hatte ihr am Telefon gesagt, dass sie alle gegen Abend bei ihr eintrudeln wollen, vorher wollten sie noch schnell mit den Kindern Bescherung machen.
Luise hatte sich zwar gewundert, denn die Kinder hätten ja auch bei ihr Bescherung machen können, aber nun gut.
Sie ist ja froh,am Heiligen Abend nicht allein zu sein.
Das Telefon klingelt.
"Mama ..." kommt es stockend aus dem Hörer.
Es ist Sarah.
Luise wird plötzlich schwindelig, ob etwas passiert ist auf der Fahrt zu ihr ?
Ihr Herz schlägt plötzlich schneller.
"Mama...ich...ich weiß eigentlich gar nicht was ich sagen soll.
Rudi hat mir und den Kindern eben unsere Geschenke überreicht."
Luise fasst sich ans Herz.
Sie muss sich setzen
"Mama...leider ist es uns nicht möglich zu kommen .
Weißt Du....der Rudi...er hat einfach eine Reise gebucht.
Ich wusste nichts davon.
Wir...wir...die Kinder...na, jedenfalls...wir müssen noch heute Nacht noch fliegen.
Du verstehst das doch...oder ?
Das ganz Jahr haben wir so wenig Zeit füreinander.
Geschäfte , Termine , Hobbys und so weiter .
Rudi dachte, Weihnachten wollen wir uns mal erholen , die ganze Familie ....zusammen mit den Kindern und deshalb fliegen wir für zwei Wochen nach Thailand .
Dort in der Sonne werden wir dann weiter Weihnachten feiern.
Bitte sei uns nicht böse ,aber wir müssen uns von dem Stress der ganzen Zeit auch mal ein bisschen erholen.
Wir wünschen Dir ein schönes Weihnachtsfest und einen guten Rutsch ins neue Jahr und bestimmt werden wir uns im nächsten Jahr sehen , spätestens wenn wir die Geschenke der Kinder abholen."
Luise schweigt.
Und was ist mit mir, denkt sie.
Bin ich nicht ihre Familie ?
"Mama ? "
Luise schweigt noch immer.
"Wir müssen bald los, Mama.
Ich weiß, Du verstehst mich, hast Verständnis.
Frohe Weihnachten Mama."
"Frohe Weihnachten, mein Kind." bekommt Luise noch heraus
Sie muss schlucken, Tränen laufen ihre alten, faltig gewordenen Wangen herunter.
Sie ist traurig , obwohl sie eigentlich nichts anderes erwartet hat.
Aber das macht ja nichts, macht sie sich selber Mut.
Bestimmt werden ihre anderen Kinder sie überraschen.
Bestimmt kommt Knut, er hat keine Familie und wäre sonst ganz allein.
Bestimmt, denkt Luise, will er mich überraschen.
Ja, und dann machen wir es uns schön und essen das leckere Festmahl.
Ihr Blick fällt auf den kleinen Tannenbaum vom Wald gegenüber , kaum größer als sie selber.
Sie hatte ihn liebevoll geschmückt und nun leuchtet und strahlt er wie nur ein Weihnachtsbaum leuchten und strahlen kann.
Mit schönen goldfarben und roten Kugeln , mit Engelchen und mit Äpfeln.
So wie es früher schon war , als ihre Kinder noch klein waren.
Ein paar Zuckerstangen zum naschen waren auch noch dran.
Sie geht ins Schlafzimmer, zieht sich ihr hübschestes Kleid an und richtet sich die Haare .
Sogar ein bisschen Lippenstift macht sie auf ihre Lippen und geht fröhlich in das Weihnachtszimmer.
Unter dem Tannenbaum liegen kleine Geschenke, hübsch und liebevoll verpackt mit Schleifchen und kleinen Anhängern.
Für ihre Kinder hat sie kleine Teller aufgestellt mit Keksen, Äpfeln ,Nüsse und Mandeln.
Alles so schön festlich und liebevoll.
Bestimmt wird Knut sich freuen, wie schön und festlich alles ist.
Luise geht zum Tisch , zündet die Kerzen an und setzt sich hin.
Wartet auf ihren Sohn Knut, der bestimmt kommen wird.
Es wird immer später und draußen läuten die Kirchenglocken.
In den Fenstern gehen die Lichter an und die Christbäume in den Wohnzimmern leuchten und strahlen.
Von draußen hört Luise Kinderlachen.
Autos, die vorüber fahren
Doch kein Auto hält an ihrer Haustür.
Traurig wird Luise klar, das Knut nicht kommen wird.
Niemand wird kommen.
Sie wird allein bleiben.
Ganz allein.
"Hildegard...spiel mir ein Weihnachtslied vor."
Spricht sie leise.
Augenblicklich singt Sinatra sein schönstes Weihnachtslied.
Luise summt leise mit.
"Hildegard...erzähl mir bitte die Weihnachtsgeschichte."
Die Stimme aus dem kleinen Kasten drüben an der Wand fängt an, die Geschichte zu erzählen.
Andächtig hört Luise zu.
Froh, eine Stimme zu hören und sich nicht mehr so allein zu fühlen.
Nach einer Weile setzt sie sich an den Tisch, nimmt sich etwas von dem feinen Festmahl und beginnt zu essen.
"Frohe Weihnachten Hildegard, schön dass Du da bist"
© Tanja Finchen Hoffmann
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