⭐️ Baltazaar und der Maibaum

🌿 Baltazaar und der Maibaum 🌿

Baltazaar, der überaus liebenswerte und orientalische Mäuserich von Welt starrt etwas mürrisch den Wandkalender in der gemütlich eingerichteten Wohnküche des kleinen Hauses an.

Sein linkes Ohr fängt vor Hektik an zu glühen und er ahnt bereits, was in den nächsten Minuten unweigerlich auf ihn zu kommen wird.

Allein schon deshalb, weil jedes Jahr...wirklich jedes Jahr seit er mit seiner ZauberMaus Wilma zusammen ist ein und das selbe Thema diskutiert wird.

Am liebsten würde er sich die kleinen Möhrchen beidseitig in die Ohren stecken, die vom gar nicht mal so köstlichen Mittagessen übrig geblieben sind.

Unwillig schüttelt er sich.

Schauderhaft, wann merkt sich seine überaus geschätzte und geliebte Ehegattin endlich, dass er Möhren einfach nicht ausstehen kann ?!

Aber offensichtlich ist es einfach zu schwer, sich diese bedeutende Tatsache zu merken.

Dabei ist es doch nun wirklich nicht zu viel verlangt, auf die Bedürfnisse und Wünsche eines so charmanten und liebenswerten Ehegatten Rücksicht zu nehmen.

Wenn er schon an den grausigen Möhrenkuchen denkt, den sie ihn immer und immer wieder freudestrahlend vorsetzt, dann kräuseln sich schon seine Schnurrhaare.

Baltazaar seufzt.

Morgen also ist mal wieder der 1. Mai.

Wie jedes Jahr...das ein Jahr auch immer so schnell vergehen muss, denkt er.

Er hat jetzt noch die unsinnige Unterhaltung vom letzten Jahr in seinen empfindlichen Ohren.

Das ihm nicht die feinen Härchen an und in seinen Mäuseohren abgebrochen sind , grenzte sowieso schon ein Wunder.

Sowieso verstand er diesen überflüssigen , völlig aus der Luft gegriffenen Brauch nicht.

So etwas derart dummes wollte einfach nicht in sein überintelligentes Mäusegehirn.

Noch während er diesen Gedanken nachhing, kam seine mit den Jahren doch immer rundlich werdende Ehefrau schon auf ihn zugewatschelt.

Nicht etwa, dass ihn die Tatsache , dass Wilma ein paar Pfündchen zugelegt hatte je gestört hat.

Er lächelt großzügig in sich hinein.

Er ist doch wirklich ein liebender Ehemann, denn sonst würde er wohl eher in Kilo denken anstatt in Pfündchen.

Pfündchen...denkt er amüsiert...hach, ich bin doch zu köstlich.

Doch unsanft wird er in seiner ihm angeborenen Selbstverliebheit von Wilma's lieblicher Stimme gestört.

"Baltazaar, mein Liebling ...." flötet sie.

"Da, ich wusste es ....." denkt dieser.

"...jetzt kommt sie mir wieder mit ihren Traditionen und labbert mir wieder stundenlang die Ohren voll..."

"Baltazaar, dieses Jahr gibt es keine dummen Ausreden mehr und auch keine Diskussion.

Ich bestehe auf meinen mir zustehenden Maibaum.

Alle Mäusefrauen werden dieses Jahr einen vor ihrer Haustür haben und kannst Du mir bitte verraten, wie es aussieht, wenn unsere Haustür ..."

"Wilma, meine überaus geliebte ZauberMaus...." unterbricht der Mäuserich den Wortschwall seiner Ehefrau.

"In einem gebe ich Dir recht, es wird diesmal keine Diskussionen geben.

Meine Antwort ist wie jedes Jahr eindeutig..."

Baltazaar straft gewichtig die Schultern.

".... NEIN ! Es gibt keinen albernen, bunt geschmückten Maibaum neben meiner Haustür.

Ich bin hier der Hausherr-Mäuserich und ich sehe es nicht ein , bei diesem für mich nicht nachvollziehbaren Brauch mitzumachen.

Wenn andere Mäusefrauen sich entschließen würden, dieses Jahr einen Klopapier Maibaum zu basteln und vor die Haustüre zu stellen, würdest Du dann auch mitmachen ?

Du bist doch so künstlerisch begabt..."

Baltazaar schaut mit bebenden Schnurrhaaren auf seine fassungslose ZauberMaus herunter.

"...dann mal Dir einen bunt geschmückten Maibaum und häng' ihn Dir an die Haustür."

Wilma schaut ihren Ehemann mit großen Augen an, Tränen glitzern in den Augenwinkeln.

Jetzt nur nicht schwach werden, denkt Baltazaar.

Ich bin immer noch der Hausherr-Mäuserich.

"Du ...Du....Du...." stammelt Wilma, sichtlich bemüht nicht zu weinen.

"Ich ....ich...ich..." erwidert Baltazaar.

"Ich werde Dir niemals wieder Möhrenkuchen backen." platzt es aus der ZauberMaus heraus.

Baltazaar lacht.

"Oh, Teuerste ...könnte ich DAS bitte schriftlich haben ?"

"Du liebst mich nicht..." heult Wilma auf und läuft weinend ins Haus.

Also, ich weiß gar nicht warum sie so ein Theater macht, denkt Baltazaar.

Ich war doch nun wirklich recht liebevoll und herzig.

Immer diese Stimmungsschwankungen.

Er schüttelt seinen Kopf.

Dann spaziert er pfeifend und seinen Gehstock schwingend durch den Garten zu seinem roten Spielzeugauto.

Elegant steigt er in seinen geliebten Flitzer und fährt gemächlich den Gartenweg entlang auf die Straße.

Dort beschleunigt er das Auto und ist nach kurzer Zeit nicht mehr zu sehen.

Später am Abend.

Wilma sitzt in der gemütlichen Wohnküche vor einer Tasse Kräutertee und weint in die schwarze, duftende Flüssigkeit.

Seit ihrem Streit mit Baltazaar hat sie sich nicht mehr beruhigen können.

Das er sich auch immer gegen all' das sperren muss, was ihr wichtig ist.

Jedes Jahr ist sie die einzige Mäusefrau, die keinen Maibaum vor der Tür stehen hat.

Sie weiß sehr wohl, dass die anderen Mäusefrauen beim Mäuse-Friseur über sie reden und lachen.

Wenigstens dieses Jahr wollte sie einmal dazugehören.

Schritte sind an der Haustür zu hören.

Ihr Ehemann scheint zurückzukommen.

Schnell wischt sie sich die Tränen vom Gesicht, löscht das Licht und geht ohne ein Wort mit Baltazaar zu wechseln ins Schlafzimmer, um ins Bett zu gehen.

Sie will ihn jetzt weder sehen noch mit ihm reden.

Der nächste Morgen.

Wilma wird von lauten Geräuschen in der Küche wach.

Das Bett neben ihr ist leer und zudem unbenutzt.

Verwundert reibt sie sich die Augen, steht langsam auf und zieht sich ihren geblümten Bademantel über.

Dann geht sie zögernd in die Küche.

Am Herd steht Baltazaar und bereitet Käsetoast zu.

Auf dem schön gedeckten Tisch steht ihre beste Kristallvase, in der ein wundervoll duftender und bunter Blumenstrauß steckt.

Baltazaar hat das gute Festtags-Geschirr aus der alten Anrichte geholt, die Wilma noch von ihrer Großmutter übernommen hat.

Auf den Tellern hat er kleine , mit Herzen verzierte Möhrenkuchen gelegt und in den Tassen dampft bereits ihr Lieblingstee.

"Guten Morgen , mein Wilmalein." flötet Baltazaar.

Mit einem formvollendeten Diener rückt er seiner Gattin den Stuhl zurecht.

Danach setzt er sich lächelnd zu ihr an den Tisch.

Sollte er doch, denkt Wilma.

Doch im fast selben Augenblick zerstört Baltazaar den Gedanken.

"Nein, ich habe es mir nicht anders überlegt.

Es steht kein bunt geschmückter Baum vor unserer Haustür.

Ich bleibe bei meiner Meinung."

Wilma nickt und die Enttäuschung ist ihr anzusehen.

"Lass' uns in Ruhe frühstücken Wilma."

Baltazaar reicht ihr ein warmes Käsetoast.

Von draußen erklingt leises Stimmengewirr durch das noch geschlossene Küchenfenster.

Es ist noch sehr früh und noch nicht richtig hell.

"Was ist denn da los ?" wundert sich Wilma.

Baltazaar zuckt mir den Schultern.

"Ich weiß es nicht, geh doch gucken wenn Du so neugierig bist." brummt er.

Wilma zögert , aber schließlich siegt ihre weibliche Neugierde und sie zieht sich ihren Bademantel aus und ihre Strickjacke an.

Dann tritt sie vor die Tür und bekommt große Augen.

Sie kann nicht glauben, was sie da sieht.

Um den Gartenzaun herum stehen ihre Nachbarn und bestaunen eine riesengroße, geschmückte Birke, die in ihrem Garten gepflanzt ist.

Bunte Bänder flattern sanft hin und her und der ganze Baum leuchtet.

Viele kleine , sanft leuchtende Lichter sind im Baum verteilt und lassen ihn damit märchenhaft in der aufgehenden Sonne erscheinen.

Langsam geht Wilma auf die Birke zu, Tränen laufen über ihre runden Wangen.

Baltazaar tritt vor die Tür und schaut zu ihr zu, wie sie dem Baum immer näher kommt.

Als Wilma den geschmückten Baum erreicht, entdeckt sie einen kleinen Umschlag, der um den Stamm gebunden ist.

Sie öffnet den Umschlag und nimmt den Brief heraus, der in diesem steckt.

Dann beginnt sie leise zu lesen.

"Für die Frau meines Lebens , der für immer mein Herz und meine Liebe gehört.

Dieser Baum symbolisiert meine tiefe Liebe zu Dir , denn er wird weiter wachsen und ewig leben, so wie meine Liebe zu Dir."

© Tanja Finchen Hoffmann

Baltazaar © Susanne Westheim

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